FACHVORTRAG DIABETISCHE FOLGE- UND BEGLEITERKRANKUNGEN

Diabetische Folge- und Begleiterkrankungen

Diabetes ist eine der Hauptursachen für akute und chronische kardiovaskuläre Erkrankungen.

Besonders gefürchtet sind die diabetischen Spätfolgen bzw. Begleiterkrankungen im Sinne der diabetischen

Mikro- und Makroangiopathie. Dabei spielen verschiedene Stoffwechselwege bzw. die Akkumulation der Abbauprodukte der Glukose eine wichtige Rolle. Wir unterscheiden hier die sogenannten AGEs (Advanced Glycation Endproducts), den Polyol-Reaktionsweg, den Hexosamin-Reaktionsweg sowie die Bildung von Diazylglyzerin. All diese Produkte führen zu einer Stimulation von Zellen der Gefäßwand. Insbesondere die Endothelzellen reagieren hochempfindlich auf diese Stoffwechselprodukte. Es kommt durch eine verminderte Vasodilatation durch Abnahme der NO-Freisetzung zu einer gesteigerten Produktion freier Radikale, einer Zunahme der endothialen Permeabilität mit nachfolgendem Ödem der Gefäßwand und einer gesteigerten Inflammation durch Expression von Chemokinen- und Adhäsionsmolekülen sowie eine Veränderung der Blutgerinnung. Dies führt in den Endorganen zu einer Funktionsstörung durch Ischämie und Fibrosierung.

Wir unterscheiden mikroangiopathische Veränderungen an den Augen, der Nieren und den Nerven (Retinopathie/Nephropathie/Neuropathie) und makroangiopathische Schäden an den großen Blutgefäßen wie den Koronarartherien, Carotiden und der Aorta. Typisch für beide Gefäßphänomene ist die langsame Progression der Erkrankung, welche zu den typischen durchblutungsbedingten Störungen der Endorgane führt. Es sind aber nicht nur die Endothelzellen selbst sondern auch die glatten Gefäßmuskelzellen sowie die Zellen der Adventitia und der Perizyten betroffen. Neben der Plaquebildung sowie Hypertrophie der Gefäßzellen kommt es durch Absterben der Perizyten zu einem Zugrundegehen von kleinen Gefäßen. In den größeren Gefäßen führt die endothele Dysfunktion durch Schaumzellbildung zur Bildung von artherosklerotischen Plaques.

Diabetische Retinopathie und Makulopathie

Die diabetische Retinopathie ist die häufigste mikrovaskuläre Komplikation des Diabetes mellitus. Eine frühe Entstehung im Krankheitsverlauf deutet auf ein hohes kardiovaskuläres Allgemeinrisiko hin. Die diabetische Retinopathie ist also kein Spätsyndrom im eigentlichen Sinne. Bereits ein Drittel aller Patienten mit

Typ-2-Diabetes hat bei Diagnosestellung des Diabetes bereits eine milde Retinopathie, zwei Drittel aller Patienten mit Typ-1-Diabetes haben nach einer fünfjährigen Krankheitsdauer eine Retinopathie. Die frühen Krankheitsstadien verlaufen symptomlos, daher sind jährliche Screeninguntersuchungen erforderlich. Für jedes Stadium existieren evidenzbasierte Behandlungsempfehlungen, wobei man allgemeine und spezielle diabetologische bzw. ophthalmologische Behandlungsansätze unterscheidet.

Wir unterscheiden eine nicht-proliferative von einer proliferativen diabetischen Retinopathie. Bei der nichtproliferativen Retinopathie wird eine milde von einer mäßigen und einer schweren Form unterschieden. Leitsymptom für die milde Form ist das Mikroaneurysma. Sie stellt sich als roter Punkt einzeln oder verstreut am hinteren Augenpol dar und kann in Anzahl und Größe erheblich schwanken. Leitsymptom der mäßigen nicht-proliferativen Retinopathie sind die Perlschnurvenen sowie das Hinzutreten von intraretinalen Hämorrhagien, harten Exsudaten sowie die Progression der Zahl von Mikroaneurysmen. Bei der schweren diabetischen nicht-proliferativen Retinopathie finden wir Mikroaneurysmen in allen 4 Quadranten, Perlschnurvenen in mindestens 2 Quadranten oder intraretinale Mikro-Aneurysmata in mindestens einem Quadranten.

Bei der proliferativen diabetischen Retinopathie unterscheiden wir

a.) Gefäßneubildungen mit dem Risiko einer Glaskörperblutung

b.) Gefäßneubildungen aus Verzweigungen der großen temporalen Gefäßen

c.) Präretinale Blutungen und

d.) Traktive Netzhautablösungen.

Hier kommt es durch Einblutung vor oder in den Glaskörper durch entsprechende Strangbildung zu einer erheblichen Visusgefährdung. Bei dem diabetischen Makulaödem unterscheiden wir fokal, diffus und ischämische Stadien, welche durch Netzhautödem, Lipidablösungen, Hämorrhagien entweder lokal fokusiert oder diffus den gesamten hinteren Augenpol einnehmend oder nur diffus ischämisch aufzufinden sind. Dabei ist die diabetische Retinopathie keineswegs nur eine Gefäßerkrankung, da die diabetesbedingte Schädigung verschiedene Zelltypen, derer die Retina mehr als fünfzig verschiedene besitzt, erfasst. Zur Feststellung der diabetischen Retinopathie werden erstens die Sehschärfe, zweitens die vorderen Augenabschnitte inklusive Augendruck und drittens die binokolare Funduskopie bei dilatierter Pupille durchgeführt. Als erweiterte Diagnostik bei der Feststellung der diabetischen Makulopathie hat sich die Optische Kohärenztomographie (OCT) sowie die Floureszenzangiographie etabliert. Grundsätzlich müssen Kinder unter 11 Jahren nach 5 Jahren, sowie Schwangere und Typ-2-Diabetiker, sowie Diabetiker vor oder nach einer Blutzuckersenkung sofort dem Augenarzt vorgeführt werden. Eine diabetische Retino- und Makulopathie verläuft lange symptomlos. Spätstadien wie eine fortgeschrittene Retino-Makulopathie kann durch eine Laserkoagulation nur das Fortschreiten der Sehverschlechterung aufhalten, jedoch keine Visusverbesserung herbeiführen. Bei der Laserkoagulation wird lediglich eine Reduktion sauerstoffverbrauchenden Gewebe bzw. die Produktion von Wachstumsfaktoren reduziert. Gerade Früh-Retinopathie-Manifestationen sollten durch eine kombinierte Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren therapiert werden. Die einmal jährliche Funduskontrolle ist Pflicht. Eine gute Blutzuckerkontrolle (HbA1c unter 7) bietet den Typ-1-Diabetikern einen guten Schutz, weniger den Typ-2-Diabetikern. ACE bzw. AT-1-Blocker sind in der Sekundärintervention wirksam, jedoch in Deutschland nicht zugelassen. Von den neuen intravitrialen Therapien geht derzeit das höchste Innovationspotenzial zur Behandlung fortgeschrittener und visusbedrohender Stadien der Retino- und Makulopathie aus. Wir unterscheiden folgende Medikamente: Avastin (Bevacizumab), Macugen (Pegaptanib) und Lucentis (Ranibizumab). Als einzige Alternative zu den Biologika steht noch die Gabe von Steroiden im Sinne von Triamzylonacetonid als einzige Injektion mit mehrmonatigem Effekt zur Verfügung. Wobei hier die Nebenwirkungen im Sinne von Augendruckerhöhungen in 40% der Fälle operationsbedürftiges Glaukom 1-2% und Katarakt-Operationen in ca. 20% und eine Endophthalmilitis in 1:1000 Fällen im Vordergrund stehen.

Diabetische Nephropathie

Sie stellt eine weitere mikrovaskuläre Komplikation des Diabetes mellitus dar und wird bei 25-40% der Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes gefunden. Wegen der gesteigerten Lebenserwartung der

Typ-2-Diabetes-Patienten stellt sie auch die häufigste Ursache für die terminale Niereninsuffizienz dar. Diese stellt 40% aller neuen Dialysepatienten. Die Diagnosestellung ist im Frühstadium schwierig. Typischerweise kommt es zum Auftreten einer Albuminurie im Sinne einer glomerulären Proteinurie und dann im weiteren Verlauf zu einer langsamen Verschlechterung der Nierenfunktion und bei einem Großteil der Patienten zum Auftreten einer Hypertonie. Sonographisch sind die Nieren eher echogen und anfänglich vergrößert. Zum Screening sollte einmal jährlich bzw. vierteljährlich Kreatinin und Albumin untersucht werden. Wir unterscheiden stadientechnisch das Stadium der Hyperfiltration, der Mikroalbuminurie

, der Makroalbuminurie bzw. manifesten Nephropathie und der terminalen Niereninsuffizienz.

Auffällig sind stets ein rascher Verlust der Nierenfunktion, eine rasche Zunahme der Proteinurie oder eine ausgeprägte Hämaturie. Folgende Maßnahmen sind im Sinne einer Behandlung essentiell:

  1. Konsequente Optimierung der diabetischen Stoffwechsellage,
  2. eine straffe Blutdruckeinstellung sowie
  3. eine proteinreduzierte, salzarme Ernährung mit körperlicher Aktivität und Nikotinkarenz.

Der Blutdruck sollte auf unter 130/80, eventuell auch niedriger, eingestellt werden, idealerweise mit einem ACE-Hemmer bzw. AT-1-Blocker. Insbesondere antidiabetische orale Medikamente müssen in Abhängigkeit von der GFR dosismäßig angepasst werden. Metformin bereits unter 50, Sulfonylharnstoffe unter 30, Gliquidon bzw. Repaglinide gar nicht, Acarbose unter 25, Sita- und Saxagliptin unter 50, wobei Sitagliptin bis zur Dialyse, Saxagliptin bis 15 GFR gegeben werden darf. Folgende Störungen treten im Spätstadium einer Nephropathie auf: Sekundärer Hyperparathyreoidismus, Störung des Calcium- und Phosphathaushaltes sowie der Vitamin-D-Bildung, renale Anämie bei Epomangel, metabolische Azidose, Hyperkaliämie. Aus diesem Grund sollte eine frühzeitige Anbindung an den Nephrologen erfolgen. Die Ultimeratio stellen dann die möglichen Nierenersatzverfahren wie Hämodialyse und Peritonealdialyse dar. Vorsicht ist in jedem Falle beim Einsatz von Kontrastmittelen notwendig und NSAR sowie andere Medikamente sollen gemieden werden.

Periphere Neuropathie

Unter den diabetischen Neuropathien ist die distal-symmetrische sensomotorische Polyneuropathie die klinisch bedeutsamste. Neuropathische Schmerzen und Defizite sind richtungsweisend für die kardiovaskuläre Mortalität bzw. nicht tödliche Myokardinfarkte. Diabetiker mit Neuropathie sind Hochrisikopatienten.

Wir unterscheiden folgende Formen:

  1. Symmetrische PNP
  2. Chronisch distal
  3. Akut schmerzhaft
  4. Small fibre
  5. Autonom
  6. Fokale/multifokale Neuropathien
  7. Kranial
  8. Thorakoabdominal
  9. Fokale Extremität
  10. Proximal
  11. Kompressions- und Engpassneuropathien

Die häufigste Form ist die distal-symmetrische Polyneuropathie. Etwa jeder dritte Diabetiker ist hiervon betroffen. Sie steigt mit höherem Alter, Diabetesdauer und Diabeteseinstellung, häufig mit Adipositas und pAVK vergesellschaftet. Charakteristisch Sensibilitätsstörungen, Schmerzen und Missempfindungen vor allen in beiden Füßen und Unterschenkeln sowie Krämpfe und Stolperneigung. Typerweise in den distalen Abschnitten der unteren Extremitäten gegebenenfalls auch der oberen mit typischen Schmerzen, Parästhesien, Hyperästhesien und Taubheitsgefühl. Häufig brennend, bohrend, einschießend, krampfartig oder stechend, insbesondere nachts.

Häufig Besserung beim Gehen, häufig auch Allodynie, Hyperalgesie, abgeschwächte oder fehlende Muskeleigenreflexe sowie Atrophie der kleinen Muskeln, Sensibilitätsstörungen, Ataxie mit Gang- und Standunsicherheit. Dann Verlust der Temperatur-, Schmerz-, Bewegungs- oder Berührungssensibilität.

Zur Diagnostik eingesetzt werden das Monofilament, das Tip-Therm, die Stimmgabel sowie das Nadelrad und die Prüfung des Lagesinns der Muskelkraft und der Muskeleigenreflexe. Differenzialdiagnostisch sind internistisch vor allem Alkoholabusus, Urämie, Hypothyreose, B12-Mangel, periphere AVK und Medikamentennebenwirkungen abzugrenzen. Insbesondere bei der fokalen und multifokalen Neuropathie sowie bei ausgeprägter Asymmetrie, Motorik rascher Entwicklung oder Therapieresistenz bzw. der Entwicklung im Bereich der oberen Extremitäten, einer positiven Familienanamnese oder ungesicherter Diagnostik bzw. in Kuarenz ist der Fachneurologe aufzusuchen.

Therapeutisch kann im Initialstadium die antioxidative Gabe von Alpha-Liponsäure versucht werden. Im weiteren Verlauf ist lediglich eine symptomatische Therapie mit Antidepressiva, Antiepileptika bzw. Opioiden oder Lokalanästhetika machbar. Bewährt haben sich zum Beispiel folgende Substanzen: Trizyklika wie Amitriptylin, NSRI wie Duloxetin, Venlafaxin, Gabapentin, Pregabalin, Carbamazepin, Opioide wie Tramadol oder Lidocain, Capsaicin. Die Therapie sollte möglichst frühzeitig beginnen und dient auch einer Verbesserung von Schlafqualität, Mobilität und Lebensqualität. Die Medikamente werden nach Wirksamkeit und Risikoprofil individuell auftitriert. Hierbei ist eine möglichst minimalwirksame Dosis anzustreben. Kombinationen sowie Psychopharmaka ohne analgetische Potenz und insbesondere Substanzen mit renalen  und kardiovaskulären Risiken sind zu vermeiden. Nicht-pharmakologische Therapieoptionen umfassen die TENS bzw. eine Muskelstimulation mittels HiTOP-Gerät oder Physiotherapie.

Autonome Neuropathie

Die autonome diabetische Neuropathie wird auch als die stumme oder vergessene Komplikation des Diabetes bezeichnet, da sie erst relativ spät im Lauf des Diabetes mit schweren Symptomen einhergeht. Prinzipiell kann jedes autonom innerviertes Organ von einer Funktionsstörung des peripheren autonomen Nervensystems betroffen sein. So sind insbesondere das kardiovaskuläre, respiratorische sowie das gastrointestinale und urogenitales System betroffen. Sie weist auf eine eher ungünstige Prognose hin und kann zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen wie orthostatischer Hypotonie, Stuhlinkontinenz, Blasenlähmung sowie erektiler Dysfunktion führen. Insbesondere die kardiovaskuläre autonome diabetische Neuropathie führt zu lebensbedrohlichen Komplikationen mit erhöhter Sterblichkeit wie dem stummen Myokardinfarkt oder dem plötzlichen Herztod.

Im Einzelnen werden folgende klinische Manifestationen unterschieden:

  1. Kardiovaskulär:   – Ruhetachykardie

                                      – Verminderte Herzfrequenzvariabilität

   – Verminderte zirkadianen Frequenz- und Blutdruckrhythmik

   – Schmerzlose Myokardischämien

   – Orthostatische Hypotonie

   – Belastungsintoleranz

   – Perioperative kardiovaskuläre Instabilität

                           – Plötzlicher Tod

   – Maligne Arrhythmien

     2.    Repiratorisch:  – Hypopnoe

                                       – Schlafapnoe

                                       – Atemstillstand

     3.    Gastrointestinal: – Verminderte Ösophagusmotilität

                                       – Gastroparese

                                       – Gallenblasenatonie

                                       – Enteropathie

                                       – Obstipation

                                       – Inkontinenz

     4.    Urogenital:          – Blasenentleerungsstörungen

                                       – Erektile Dysfunktion

                                       – Sexuelle Funktionsstörungen

     Sowie ferner 5.         – Störungen der Sudo- und Vasomotorik

                                       – Pupillenreflexstörungen sowie fehlende hormonelle Gegenreaktion,

                                          auch unter Orthostase und körperlicher Belastung

Geeignete Screeningverfahren gibt es nicht. Richtungsweisend sind folgende Symptome: Ruhetachykardie, Dyspepsie, Obstipation, Diarrhoe und Stuhlinkontinenz, Blasenfunktionsstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, gestörte Hypoglykämiewahrnehmung, Schweißsekretionsstörungen, Glukoseschwankungen. Folgende Tests sind im Einzelnen möglich: Herzfrequenz, Variabilitäts- und Orthostase-Tests. Des weiteren die Messung des Variationskoeffizienten, der R-R-Intervalle sowie der Spektralanalyse im Niederfrequenz- und Mittelfrequenzband in Ruhe, des Exspirations/Inspirations-Quotienten unter tiefer Repiration, des Maximum/Minimum-Quotienten sowie des Vasalva-Quotienten, sowie die Bestimmung der systolischen Blutdruckreaktion nach aktivem Aufstehen im Orthostase-Test. Standard sind ferner die Magenentleerungszeit-Szintigraphie sowie alternativ der C13-Oktansäure-Atemtest (diabetische Gastroparese) sowie bei der diabetischen Diarrhoe die üblichen endoskopischen Verfahren. Insbesondere die diabetische Diarrhoe durch wässrige und voluminöse Stühle, teils mit Tenesmen und Steatorrhoe charakterisiert. Die diabetische Zystospathie ist eine neurogene Funktionsstörung des Muskulus detrusor mit Harnträufeln und Überlaufinkontinenz. Übliche Verfahren sind die Sonographie des Blasenvolumens, Uroflowmetrie und die Zystomanometrie.

Symptomatisch werden bei ausgeprägter Sinustachykardie ß1-selektive ß-Blocker empfohlen. Bei orthostatischer Hypotonie nach Ausschöpfung der physikalischen Maßnahmen nach Erhöhung der Kochsalzzufuhr die Gabe von Midodrin als Alpha-Rezeptoragonist oder Fludrocortison. Vereinzelt werden Erfolge unter Epogabe bei Patienten mit gleichzeitig reduziertem Hämatokrit beobachtet. Bei der Gastroparese Erhöhung des Anteils flüssiger Kohlenhydrate und Vermeidung eines hohen Fettanteils der Nahrung sowie die Überprüfung des Spritz-Ess-Abstands bei Insulinapplikation. Ferner werden Propolsorika, MCP, Domperidon, Erythromycin  gegeben.

Bei rezidivierendem Erbrechen ist die Option einer laparoskopischen Implantation eines gastralen Schrittmachers zu erwägen.

Bei der Behandlung der diabetischen Diarrhoe ist die Gabe von Antidiarrhoika häufig enttäuschend. Erfolgversprechend ist vielmehr eine intermittierende Gabe von Breitspektrum-Antibiotika mit medizinischer Hefe (Ciprofloxacin, Metronidazol, Doxycyclin und Perenterol). Ferner kann die Gabe von Clonidin oder Octreotid versucht werden. Bei Obstipation Gabe von osmotisch wirksamen Laxantien oder Lactulose. Bei neuropathischen Harnentleerungsstörungen hat sich die Gabe von Carbachol oder auch Prazosin bewährt. In Extremfällen kann die suprapubische intermittierende transurethrale Harnableitung oder eine Blasenhalsinzision erforderlich sein. Zur Behandlung des gustatorischen Schwitzens kann Glycopyrrolatcreme oder Clonidin in niedriger Dosierung eingesetzt werden. Zur Behandlung von neuropathischen Ödemen werden überwiegend Diuretika eingesetzt.

Da sich die Behandlung der makroangiopathischen  Folgeschäden bzw. Spätkomplikationen beim Diabetes mellitus nicht wesentlich von der Behandlung von makroangiopathischen Störungen bei Patienten ohne Diabetes unterscheidet, soll hier im Einzelnen nicht weiters darauf eingegangen werden.

Das gleiche gilt für die erektile Dysfunktion.

Das diabetische Fußsyndrom

Ursachen sind meist die periphere diabetische Polyneuropathie und die daraus folgende Fehlbelastung, sowie Durchblutungsstörungen bedingt durch PAVK, sowie Infektionen. Die Prävalenz des Fußulkus in der diabetischen Bevölkerung beträgt 1 – 5%. Ungefähr 40 -70% aller nichttraumatischen Amputationen der unteren Extremität werden dem Diabetes mellitus zugerechnet. Für 2003 ergaben sich über 60 000 Amputationen bei gut 45 000 Patienten. In den letzten Jahren hat jedoch die Rate der Majoramputationen bei Diabetikern erheblich abgenommen. Dies ist eine Erfolgsgeschichte der Einführung der DMP-Programme sowie die Einführung spezieller Behandlungspfade bis hin zu Diabetesschwerpunktpraxen und Fußambulanzen.

Wir unterscheiden im Einzelnen:

  1. Der neuropathisch infizierte Fuß (neuropathisches Ulkus/Mal perforans)

Diese Fußläsion liegt meistens plantar unter den Metataralköpfchen und auch im Bereich der Zehen

oder der Ferse. Auch schuhbedingte Druckläsionen interdigital über MFK 1 und 5 lateral und dorsal auf den Zehen, meist bedingt durch den Verlust der Schmerzempfindung sowie Fußdeformitäten, die daraus resultierende Drucküberlastung bei gestörter Abrollbewegung des Fußes mit Verlagerung der Belastung von den Zehen zum Vorfußbereich. Neuropathisch bedingte Atrophie der Fußmuskulatur- Ausbildung von Krallenzehen und Fußdeformierungen. Entscheidend für die Therapie ist die konsequente Druckentlastung. Der Goldstandard der Total Contact Cast (TCC), alternativ konfektionierte Orthesen, Therapieschuhe mit entsprechender Fußbettung, Vorfußentlastungsschuh mit Gehstützen oder Rollstuhl. Essentiell ist die Einbindung des Orthopädieschuhmachers bzw. Technikers.

  1. Die diabetische Osteoarthropathie (Charcot-Fuß)

Hierbei stellt der Charcot-Fuß das Endstadium der diabetischen Osteoarthropathie mit Zusammenbruch des Fußskelettes dar. Im Frühstadium zeigt bei überwärmtem Fuß und unauffälligem Röntgenbild die MR-Tomographie üblicherweise ein Knochenödem mit entzündlicher Überlastung von Gelenken und Weichteilen. Häufig finden sich plantare Ulzera. Die Abgrenzung von osteomyelitisch und osteoarthropathischen Skelettläsionen ist schwierig. Eine klinische und röntgenologische Verlaufsbeobachtung bei einer Osteomyelitis ist meist ausreichend. Therapeutisch entscheidend ist die permanente Ruhigstellung durch Bettruhe und Rollstuhl oder einen Total Contact Cast. Hierdurch kommt es auch zu einer Reossifizierung und Konsolidierung von Frakturen. Alternativ kommt eine Zweischalen-Orthese und Gehstützen zur Ruhigstellung bei guter Mobilität in Frage. Anschließend Versorgung mit Maßschuhen.

Die Behandlung von ausgeprägten Deformierungen ist erfahrenen Operateuren zur Behandlung durch Fixateur intern oder chirurgischer Glättung von Knochenveränderungen vorbehalten.

  1. Der makroangiopathisch-ischämische Fuß

Grundkrankheit ist eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) mit Gefäßstenosen und Verschlüssen wie bei Nichtdiabetikern. Häufiger betroffen die Unterschenkel- und Fußarterien mit multiplen beidseitigen Veränderungen. Eine nekrotisierende Ischämie findet sich im Endstadium 4, Auslöser häufig kleinere Verletzungen und Infektionen, resultierend in Nekrosen und schlecht heilenden Wunden. Im Anfangsstadium häufig nicht infizierte Nekrose. Bei neuropathischer Gangrän Infektion. Diagnostisch entscheidend die Bestimmung der Ultraschall-Doppler-Verschlussdrucke, die farbcodierte Duplexsonographie und die Bestimmung des transkutanen Sauerstoffdruckes. Goldstandard die digitale Subtraktionsangiographie (DSA). Therapeutisch ist eine Revaskularisation entweder interventionel als PTA, gegebenenfalls mit Stentum oder mittels gefäßchirurgischem Eingriff anzustreben. Vor einer notwendigen Majoramputation sollte zusätzlich eine Zweitmeinung eingeholt werden, da eine Amputation einen massiven Verlust an Lebensqualität bedeutet.

  1. Der neuropathisch-ischämische Fuß

Hier ist die PAVK mit einer diabetischen Polyneuropathie kombiniert. Hier kommt es nach neuropathischen Läsionen leicht zu ischämischen Nekrosen und die typischen Symptome der PAVK wie Claudicatio und Ruheschmerz fehlen. Die Therapieprinzipien sind die gleichen wie beim neuropathischen bzw. mikroangiopathischen Fuß. Die Progression ist häufig schneller. Eine Revaskulation ist unabdingbar. Die Lebenserwartung ist häufig bei weiteren Begleiterkrankungen wie KHK, Apoplex und Dialyse reduziert. Intensive Betreuung und Schulung ist unabdingbar. Die operativen Verfahren und Wundbehandlungsmaßnahmen sowie Behandlungsmaßnahmen bei Infektionen des diabetischen Fußes entsprechen im Wesentlichen den allgemeinen chirurgischen Behandlungsmaßnahmen bzw. Behandlungsmaßnahmen von Wunddefekten bzw. Wundkomplikationen und Infektionen bei Patienten ohne Diabetes mellitus. Im Wesentlichen ist Wert auf eine optimale Schulung sowie eine professionelle Fußpflege, gegebenenfalls unter Mitbetreuung professioneller Podologen sowie eine optimale Schuhversorgung mit Teilentlastungsschuh bzw. orthopädischen Maß- bzw. konfektioniertem Spezialschuh anzustreben.